Ein interessanter Fall zum Thema Mieterhöhung und Mietspiegel wurde am 18.11.2020 am BGH abschließend entschieden.

Den Mietspiegel kann und sollte man natürlich anwenden, insbesondere dann, wenn es ein qualifizierter Mietspiegel ist.

Bislang war es so, dass man den Mietspiegel, wenn er nicht (mehr) qualifiziert ist, durch drei Vergleichsobjekte ersetzen und sich (zum Schutze und im Interesse des Mieters) auf den niedrigsten Wert der drei Vergleichsobjekte beziehen und darauf das Mieterhöhungsverlangen basieren lassen konnte.

Nun kommt – im Sinne beider Vertragspartner – auch noch die Option eines Mietwertgutachtens hinzu. Insbesondere dann, wenn der Mietspiegel aufgrund der „Spanneneinordnung“ schwammig, unpräzise oder unvollständig (oder nicht qualifiziert) ist, kann ein Gutachten der deutlich bessere Weg sein – Und das hat der BGH mit diesem Urteil bestätigt.

MIETERHÖHUNGSVERLANGEN ABGELEHNT

Im vorliegenden Fall hatte die Mieterin einer rund 80 Quadratmeter großen 3-Zimmer-Wohnung in Berlin 2017 eine Mieterhöhung erhalten und dann die Zustimmung verweigert.

AMTSGERICHT ENTSCHEIDET FÜR MIETERIN

Bei der folgenden Klage der Vermieterin zog das Amtsgericht Berlin-Spandau den Berliner Mietspiegel als Schätzungsgrundlage heran. Das Amtsgericht wendete die schwammige „Orientierungshilfe für die Spanneneinordnung“ an und sah keinen Anhaltspunkt für eine Erhöhung der Miete.

LANDGERICHT HOLT GUTACHTEN EIN

Also wendete sich die Vermieterin an die nächste Instanz. Das Landgericht Berlin holte ein Sachverständigengutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ein und entschied, dass das Mieterhöhungsverlangen durchaus berechtigt sei.

DRITTE INSTANZ: BUNDESGERICHTSHOF

Das wollte die Mieterin nicht hinnehmen. Ihr nächster Schritt: der Bundesgerichtshof.

Die höchsten Richter bescheinigten dem Landgericht, korrekt gehandelt zu haben. Es durfte – abweichend von der Einschätzung des Amtsgerichts – die ortsübliche Vergleichsmiete durch einen Sachverständigen ermitteln lassen.

URTEILSBEGRÜNDUNG DES BGH

Für die 3-Zimmer-Wohnung sah der Mietspiegel eine Nettokaltmiete zwischen 4,90 und 7,56 Euro pro Quadratmeter vor. Die Vermieterin wollte von 5,03 auf 5,65 Euro pro Quadratmeter erhöhen.

Das Amtsgericht hatte sämtliche Merkmale, die laut Mietspiegel eine Mieterhöhung begründen, verneint und so die Klage abgewiesen. Daraufhin bot die Vermieterin dem Landgericht ein Sachverständigengutachten über die ortsübliche Miete an.

Das neutrale Gutachten berücksichtigte nicht nur die bezeichneten wohnwerterhöhenden, sondern noch weitere Merkmale.  

Diese Vorgehensweise versprach deutlich mehr Erfolg als die Orientierungshilfen zur Spanneneinordnung des Berliner Mietspiegels. Dieser Teil des Mietspiegels sei zudem nicht als „qualifiziert” einzuordnen, davon seien nur die Unter- und Obergrenzen der Kaltmiete betroffen.

Wenn also einem Gutachten ein höheres Beweismaß zukomme als einer Schätzung und die Person, die den Beweis erbringen muss, das Gutachten anbietet, darf das Gericht darauf zurückzugreifen. So beschied es der Bundesgerichtshof dem Landgericht Berlin.

(BGH-Urteil vom 18.11.2020 – VIII ZR 123/20)  

UNSER FAZIT ZUM MIETSPIEGEL ALS GRUNDLAGE FÜR MIETVERHANDLUNGEN – AUCH IN BRAUNSCHWEIG

Das Ergebnis ist für beide Seiten ein Gewinn. Denn ein Gutachten kann den Wert natürlich aktueller und präziser abbilden als eine künstlich erzeugte Datensammlung mit Werten, die z.T. sogar (mangels Daten) viele Jahre in die Vergangenheit zurückreichen.

Interessant ist bei diesem Fall auch die Bewertung des Begriffes „QUALIFIZIERT“ im Zusammenhang mit einem Mietspiegel. Ein qualifizierter Mietspiegel verliert also laut BGH die Eigenschaft der „Qualifiziertheit“ nicht nur nach einem Jahr durch Überalterung der Werte (wie das z.B. in Braunschweig der Fall ist), sondern auch durch den Mangel an Präzision, wenn nämlich Mietspannen verwendet werden.

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