Hausverwaltung / Wohnungseigentumsrecht / Mietrecht / Persönlichkeitsrecht.
Fraglich ist allerdings, inwiefern, bzw. in welchem Rechtsgebiet man sich betroffen fühlt. Klingt absurd, ist aber so.
Der Einbau eines digitalen Türspions verletzt möglicherweise das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen. Hierzu gibt es aber bereits Urteile, die erhebliche Einschränkungen zulassen.
Insofern könnte jemand, der sich betroffen fühlt, auch auf das Wohnungseigentumsrecht abstellen. Denn, weil durch den Einbau das Gemeinschaftseigentum betroffen ist, bedarf es insofern auf jeden Fall eines gestattenden Beschlusses durch die Gemeinschaft.
Die Wohnungseingangstür ist nämlich Gemeinschaftseigentum.
Ein solcher Beschluss kann also durchaus eine Duldungspflicht im Hinblick auf die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eines Miteigentümers begründen.
Allerdings bestehen hier unsererseits erhebliche Zweifel, denn auch Mieter der einzelnen Eigentumswohnungen, welche auf die Entscheidung keinen Einfluss haben, könnten betroffen sein – sie wären dann aber schlechter gestellt, als betroffene Eigentümer.
Anders ist es sicherlich, wenn der Beschluss einstimmig vorliegt und die Mieter VOR Abschluss des Mietvertrages über das Vorhandensein von Videoüberwachung in den Gemeinschaftsflächen informiert wurden. Dann hat man den Vertrag bewusst geschlossen, in Kenntnis der Überwachung.
Videoüberwachung muss ja auch nicht generell etwas Schlechtes sein, denn sie kann ja auch erheblich zur Sicherheit betragen, so ergaben auch stichprobenartige Befragungen bei den Mietern unserer Hausverwaltung.
Im Urteil heißt es wörtlich:
Die Kläger sind in einem absoluten Recht (insbesondere: allgemeines Persönlichkeitsrecht) verletzt, das ebenfalls dem Anwendungsbereich des § 1004 Abs. 1 BGB unterfällt (vgl. Grüneberg, BGB, 83. A, 2024, § 1004 Rn. 4).
Das Anbringen einer Videokamera, die die Geschehnisse auf Gemeinschaftsflächen aufzeichnet oder einer Attrappe, die den Eindruck erweckt, dies zu tun, kann die betroffenen Nachbarn in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzen (vgl. auch BGH, Urt. v. 8. 4. 2011 – V ZR 210/10, NZM 2011, 512; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.01.2007 – 3 Wx 199/06, BeckRS 2007, 01463; OLG Karlsruhe, Urteil vom 08.11.2001 – 12 U 180/01; LG Darmstadt, Urteil vom 17.03.1999 – 8 O 42/99, NZM 2000, 360; Kammer, Beschluss vom 15.02.2023 – 11 S 157/20). Bei einem Gebäude mit mehreren Wohnungen ist nach der (überwiegend zu Mietsachen ergangenen, auf das Wohnungseigentumsrecht aber übertragbaren) Rechtsprechung die Videoüberwachung des Außenbereichs vor dem Eingang (OLG München, NZM 2005, 668 (669); LG Berlin, NZM 2001, 207; AG Berlin-Schöneberg, Urt. v. 8.6.2012 – 19 C 166/12, BeckRS 2012, 21995), des Treppenhauses (AG München, Urt. v. 16.10.2009 – 423 C 34037/08, BeckRS 2010, 08929), des Aufzugs (KG, NZM 2009, 736), der gemeinschaftlichen Waschküche (OLG Köln, NJW 2005, 2997, 2998 f.), der Tiefgarage (OLG Karlsruhe, NJW 2002, 2799; LG München I, Beschl. v. 11.11.2011 – 1 S 12752/11, BeckRS 2012, 01167) und der sonstigen, allgemein zugänglichen Außenbereiche des Gebäudes (OLG Düsseldorf, NJW 2007, 780, 781) grundsätzlich unzulässig (zusammenfassend: Stöber, NJW 2015, 3681, 3684). In derartigen Fällen bedeutet die Videoüberwachung eine ständige Kontrolle der betroffenen Personen in ihrer privaten Lebensführung (BGH, NJW 1995, 1955, 1957).
Auch ein digitaler Türspion mit Kamerafunktion, der den gemeinschaftlichen Hausflur vor der Wohnungstür erfasst, wird in der Rechtsprechung als kritisch angesehen, jedenfalls wenn er nicht nur die Möglichkeit der Aufzeichnung bietet, sondern den Sondereigentümer in die Lage versetzt, auch per Smartphone Bild- und Tonübertragungen zu empfangen bzw. mit einem Einlass begehrenden Klingelnden zu kommunizieren (vgl. AG Bergisch-Gladbach, NJW 2015, 3729). Großzügiger entschied das AG Köln im Jahr 1994: In seiner Entscheidung gestattete es der schwer geh- und sehbehinderten Mieterin einer Wohnung in einem Mehrfamilien-Wohnhaus, im Eingangsbereich vor ihrer Wohnung eine Kamera als Ersatz für einen Türspion zu installieren, die allerdings nur den Bereich unmittelbar vor der Wohnungstüre aufnahm (AG Köln, NJW-RR 1995, 1226, 1227). In einem solchen Fall mag sich das überwiegende Interesse des Überwachenden verfassungsrechtlich ggf. auf den besonderen Schutz von Menschen mit Behinderungen nach Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG stützen lassen (vgl. Stöber, NJW 2015, 3681, 3685).
Im konkreten Fall hat die beklagtenseits verbaute Kamera im digitalen Türspion zwar keine dauerhafte Speicherungsfunktion und das Signal kann auch nicht an andere Geräte weitergegeben werden. Es kommt indes nicht darauf an, ob im Rahmen der Dogmatik des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts die Fallgruppe des „Schutzes des eigenen Bildes“ betroffen ist (hierzu: Grüneberg, BGB, 83. A, 2024, § 823 Rn. 120 ff.). Daran könnten hier angesichts der fehlenden Konservierung der Aufnahme Zweifel bestehen. Denn jedenfalls ist selbst von einer vorübergehenden, automatisch vergänglichen Aufnahme die Fallgruppe der „Achtung der Privatsphäre“ (vgl. Grüneberg, BGB, 83. A, 2024, § 823 Rn. 113) betroffen, wenn – wie hier in Gestalt des gemeinschaftlichen Flures/ Treppenhauses – die o.g. räumlichen Bereiche der Wohnanlage betroffen sind.
Ein Abwehrrecht aus § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG zugunsten der einzelnen Sondereigentümer besteht angesichts der aufgezeigten Betroffenheit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts jedenfalls solange, bis nicht durch Beschluss die bauliche Veränderung legitimiert wird. Hier liegt insbesondere nicht der Fall vor, dass die bauliche Veränderung keinerlei Auswirkungen auf die Kläger hat. Ein Wohnungseigentümer bleibt zur selbständigen Ausübung des Anspruchs befugt, wenn eine nicht gestattete bauliche Veränderung zu einer nicht duldungspflichtigen Störung der (nicht gemeinschaftsbezogenen) Rechte des Sondereigentümers führt (vgl. Bärmann/Suilmann, 15. Aufl. 2023, WEG § 14 Rn. 83).
Die Wohnungseingangstür gehört zum Gemeinschaftseigentum (vgl. BGH, Urteil v. 25.10.2013 − V ZR 212/12, ZWE 2014, 81). Deren Veränderung durch Austausch des Türspions hätte der Gestattung durch die Gemeinschaft bedurft (vgl. Bärmann/Dötsch, 15. Aufl. 2023, WEG § 20 Rn. 106), zumal – wenn wie hier – erhebliche Rechte der anderen Wohnungseigentümer betroffen sind.
Hierbei handelt es sich um allgemein zugängliche Informationen aus der Immobilien- bzw. Hausverwaltungsrechtsprechung, im Januar 2025 zusammengestellt von Jo. Wolter Immobilien Braunschweig
Quellen:
- Blickpunkt Recht von Ricarda Breiholdt, https://breiholdt-voscherau.de
- https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/NJRE001584681
- MietRb 10/2024, S. 290
#hausverwaltung #braunschweig #vermietung #immobilien
Image by Pexels from Pixabay