Es klingt grotesk, weil man sich denkt „was geht den Käufer der Vertrag zwischen zwei anderen Personen an?“ Aber es ist völlig korrekt – den Käufer geht es sehr wohl etwas an aber nur dann, wenn der Immobilienmakler eine Provision vom Immobilienkäufer fordert.
Denn diese Provision steht immer in Abhängigkeit von dem was der Verkäufer mit dem Immobilienmaklervereinbart hat.
Nun hat der BGH dazu entschieden – und das Urteil ist völlig korrekt.
DER KÄUFER EINES EINFAMILIENHAUSES ODER EINER EIGENTUMSWOHNUNG HAT GEGENÜBER DEM IMMOBILIENMAKLER EINEN ANSPRUCH AUF VORLAGE DER MAKLERVERTRAGES MIT DEM VERKÄUFER – ABER NUR BEI RECHNUNGSSTELLUNG DER KÄUFERPROVISION!
- § 656c Abs. 1 S. 1 BGB gestattet die sukzessive Doppelbeauftragung des Maklers in der Weise, dass zunächst mit einer Partei des Hauptvertrags eine Provision in Höhe der Hälfte der intendierten Gesamtprovision vereinbart wird und anschließend mit der anderen Partei eine Provision in Höhe der restlichen Hälfte.
- Im Anwendungsbereich des § 656c BGB ist der Makler gegenüber dem Kunden nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet, über alle Umstände Auskunft zu erteilen, die für die Entstehung und das Fortbestehen des Provisionsanspruchs von Bedeutung sind.
- Dem Maklerkunden kann im Falle der von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers diesem gegenüber gemäß § 810 Fall 2 BGB ein Anspruch auf Vorlage des mit dem anderen Maklerkunden abgeschlossenen Maklervertrags zustehen.
- Besteht zwischen dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch und dem im Wege der Einrede erhobenen Gegenanspruch ein Abhängigkeitsverhältnis dergestalt, dass der Gegenanspruch der Überprüfung des mit der Klage verfolgten Anspruchs dient, führt die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 BGB ausnahmsweise nicht zu einer Verurteilung des Beklagten zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) gemäß § 274 BGB, sondern zur Abweisung der Zahlungsklage. So verhält es sich, wenn im Falle einer von § 656c BGB regulierten Doppeltätigkeit des Maklers der vom Makler auf Zahlung von Maklerprovision in Anspruch genommene Maklerkunde der Klage einen ihm gemäß § 810 Fall 2 BGB zustehenden Anspruch auf Vorlage des mit der anderen Partei des Kaufvertrags abgeschlossenen Maklervertrags entgegenhält.
SACHVERHALT
Der Käufer einer Doppelhaushälfte verlangt vom Makler, der die Käuferprovision klageweise geltend macht, den Nachweis, dass die Vorschriften der §§ 656a, 656b, 656c und 656d BGB erfüllt seien. Er verlangt hierzu die Vorlage des Maklervertrages mit dem Verkäufer sowie die Verkäufer-Provisionsrechnung und den Nachweis des Geldeingangs der Verkäuferprovision. Der Makler teilt dem beklagten Käufer das Datum des Maklervertrages mit dem Verkäufer, die Höhe der Provision und den Geldeingang mit, ohne dem Käufer die entsprechenden Unterlagen vorzulegen. Landgericht und Oberlandesgericht geben der Zahlungsklage des Maklers statt.
ENTSCHEIDUNG ÜBER DIE EINSICHT DES IMMOBILIEMAKLERVERTRAGES
Der BGH weist die Klage des Maklers ab. Der BGH bejaht zum einen den Auskunftsanspruch des Käufers gegenüber dem Makler über das Bestehen eines Maklervertrages mit dem Verkäufer und über die mit dem Verkäufer vereinbarte Provision.
Zwar ergebe der Auskunftsanspruch sich nicht, wie der BGH ausführt, aus einer analogen Anwendung von § 656d Abs. 1 S. 2 BGB; jedoch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) sei der Makler zur Erteilung der Auskunft verpflichtet. Ohne die Möglichkeit des Käufers, ein Auskunftsbegehren durchzusetzen, wäre die Verwirklichung des verbraucherschützenden Normzwecks von § 656c BGB nicht gewährleistet. Auch könne der Makler eine solche Auskunft nach Auffassung des BGH unschwer erteilen. Eine unbillige Belastung sei damit nicht verbunden.
Darüber hinaus bejaht der BGH entgegen dem Berufungsgericht (OLG München) auch einen Anspruch auf Vorlage des vom Makler und der Verkäuferseite geschlossenen Maklervertrages. Dieser Anspruch ergebe sich aus § 810 Fall 2 BGB.
Nach dieser Vorschrift kann jedermann die Gestattung der Einsicht in eine Urkunde von deren Besitzer verlangen, wenn in der Urkunde ein zwischen dem Anspruchsteller und einem anderen bestehendes Rechtsverhältnis beurkundet ist und der Anspruchsteller ein rechtliches Interesse an der Einsichtsgewährung hat.
Im Sinne der gebotenen weiten Auslegung des § 810 BGB genüge es nach Auffassung des BGH, dass die Urkunde eine objektive und unmittelbare Beziehung zu dem Rechtsverhältnis aufweist, an welchem derjenige, der die Vorlegung verlangt, beteiligt ist. Der von dem Makler und dem Verkäufer geschlossene Maklervertrag weise die nach § 810 BGB erforderliche objektive und unmittelbare Beziehung zu dem zwischen dem Makler und dem Käufer geschlossenen Maklervertrag aufgrund der gesetzlichen Vorgabe des § 656c BGB auf. Dem Maklerkunden stehe daher gegenüber dem Provisionszahlungsanspruch des Maklers ein Gegenanspruch auf Vorlage von Urkunden zu, der ein Zurückbehaltungsrecht begründet und im Streitfall zur Abweisung der Klage als „derzeitig unbegründet“ führen kann. Zwar habe die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nur die Wirkung, dass der Schuldner zur Leistung Zug um Zug verurteilt werden kann. Ermöglicht aber erst die Vorlage der Urkunde eine Überprüfung des mit der Klage verfolgten Anspruchs, kann die Nichtvorlage der Urkunde zur Klagabweisung führen.
URTEIL: BGH, Urteil vom 21.03.2024; I ZR 185/22
DAS FAZIT VON JO. WOLTER IMMOBILIEN ZUR EINSICHT DES VERKÄUFERMAKLERVTRAGES BEI HALBTEILUNG DER MAKLERPROVISION
Die Idee hinter dem „Gesetz über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser“ ist, dass dem Immobilienkäufer nicht die volle Provision zugemutet werden soll.
Und das ist nicht nur moralisch richtig, sondern auch korrekt und konsequent entschieden.
Der Verkäufer beauftragt schließlich den Immobilienmakler, der Käufer hat, wenn er die Immobilie kaufen will keine Wahl, ob er den Makler beauftragen möchte. Wenn der Immobilienverkäufer den Makler beauftragt, soll er auch den Immobilienmakler mindestens zu 50% bezahlen.
Damit für den Immobilienkäufer nachvollziehbar ist, dass er maximal 50% der Gesamtprovision zahlt, muss ihm der Maklervertrag zugänglich gemacht werden.
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Jo. Wolter Immobilien, Braunschweig, 29.05.2024
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